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Zertifizierungspflicht von Online-Händlern mit Bio-Lebensmitteln: EuGH soll für Rechtssicherheit sorgen

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Ob der Online-Handel mit Bio-Lebensmitteln einer Zertifizierungspflicht durch die zuständigen Öko-Kontrollstellen unterliegt, bleibt vorerst offen. Wie die Wettbewerbszentrale am 30.03.2016 mitteilt, hat der Bundesgerichtshof (BGH) das diesbezügliche Verfahren ausgesetzt, um dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen.

So solle der EuGH klären, ob ein im Sinne von Artikel 28 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 „direkter“ Verkauf an den Endverbraucher bereits vorliegt, wenn der Unternehmer oder sein Verkaufspersonal dem Endverbraucher die Erzeugnisse ohne Zwischenschaltung eines Dritten verkauft, oder ob ein „direkter“ Verkauf darüber hinaus voraussetzt, dass der Verkauf am Ort der Lagerung der Erzeugnisse unter gleichzeitiger Anwesenheit des Unternehmers oder seines Verkaufspersonals und des Endverbrauchers erfolgt.

Gegenstand des vom BGH zu beurteilenden Verfahrens war laut Wettbewerbszentrale die Frage, ob Online-Händler, die Bio-Lebensmittel zum Verkauf anbieten, der Kontrollpflicht durch die zuständigen Öko-Kontrollstellen unterliegen. Nach Artikel 28 Absatz 1 der EG-Öko-Verordnung sei jeder Unternehmer, der Bio-Produkte erzeugt, aufbereitet, lagert, aus einem Drittland einführt oder in Verkehr bringt, verpflichtet, vor dem Inverkehrbringen von jeglichen Erzeugnissen seine Tätigkeit den zuständigen Behörden des Mitgliedsstaates, in dem diese Tätigkeit ausgeübt wird, zu melden sowie sein Unternehmen dem Kontrollsystem zu unterstellen. Grundsätzlich sei nach der Vorschrift der gesamte Einzelhandel zur Zertifizierung verpflichtet. Deutschland habe jedoch von der in Artikel 28 Absatz 2 der EG-Öko-Verordnung vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht, eine Ausnahmevorschrift für den Einzelhandel zu schaffen. Diese Ausnahme sei in § 3 Abs. 2 Öko-Landbaugesetz umgesetzt. Nach der Vorschrift sei der Einzelhandel von der Kontrollpflicht entbunden, wenn die Erzeugnisse „direkt“ an Endverbraucher oder -nutzer verkauft werden, sofern diese Unternehmer die Erzeugnisse nicht selbst erzeugen, aufbereiten oder an einem anderen Ort als in Verbindung der Verkaufsstelle lagern oder solche Erzeugnisse nicht aus einem Drittland einführen oder solche Tätigkeiten durch einen Dritten ausüben lassen.

Die Wettbewerbszentrale sei der Ansicht, dass das Tatbestandsmerkmal „direkt“ beim Online-Handel mit Bio-Lebensmitteln nicht erfüllt ist, da es gerade an einer direkten Verkaufshandlung unter Anwesenheit der Endverbraucher, wie sie beispielsweise im Supermarkt gegeben ist, fehlt. Dieser Ansicht haben sich ihren Angaben zufolge unter anderem auch das Oberlandesgericht Frankfurt, das Landgericht München sowie das Landgericht Flensburg angeschlossen. Die Pflicht zur Bio-Zertifizierung bedeute für den Online-Handel neben wirtschaftlichen Folgen (Kosten für die Zertifizierung der Öko-Kontrollstellen) auch organisatorischen Aufwand, betont die Wettbewerbszentrale. Letztendlich sollten die Verbraucher beim Handel von Bio-Lebensmitteln aber gerade vor Betrugsfällen geschützt werden, sodass dieser Aufwand nach Auffassung der Wettbewerbszentrale gerechtfertigt erscheine.

Wettbewerbszentrale, PM vom 30.03.2016 zu Bundesgerichtshof, Beschluss vom 24.03.2016, I ZR 243/14


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